02
Dez

“Vielleicht spiele ich in zehn Jahren Golf”

Er lebt in der Vertikalen, bewegt sich an der Sturzgrenze und liebt die Ausgesetztheit in Kletterpassagen mit viel Luft unter seinen Füssen. Die drei Grossen Nordwände der Alpen hat er bereits mit 19 Jahren durchstiegen und gehört somit zu den jüngsten Alpinisten, welchen diese berühmte Trilogie gelungen ist. Ein Gespräch mit David Hefti, talentierter Alpinist aus Davos, SALEWA People, Mitglied des ersten SAC-Expeditionsteams und Bergführer-Aspirant.

Du bist gerade von der Himlung Himal Forschungsexpedition aus Nepal zurückgekommen. Worum ging es da?
Das Ziel der Expedition war, die Höhenkrankheit zu erforschen, und die Auswirkungen von Sauerstoffarmut auf den menschlichen Körper zu untersuchen. Dazu wurden Herz, Hirn und Lunge der Probanden auf verschiedenen Höhenstufen untersucht und diverse Blutproben genommen. Die letzten Untersuchungen fanden auf knapp über 7000 M.ü.M statt. (Mehr über die Himlung Himal Expedition unter: www.swiss-exped.ch)

Was war deine Aufgabe während der Expedition?
Als einer von zwei Aspiranten war ich zusammen mit dem Bergführerteam zuständig für die Sicherheit der rund 40 Probanden. Wir nahmen die Gruppe in Katmandu in Empfang und begleiteten sie während der ganzen Dauer der Expedition. Wir gaben das Tagesprogramm vor, sagten wann Steigeisen zu montieren sind, motivierten die Teilnehmer, versuchten zu helfen wo immer nötig und rieten auch mal zur Umkehr, bevor es zu gefährlich wurde. Am Schluss der Expedition standen insgesamt elf Probanden und 38 weitere Personen (Forscher, Bergführer, Sherpas) auf dem Gipfel des 7126 Meter hohen Himlung Himal.

War das deine erste Erfahrung auf einer Expedition?
In diesem Rahmen ja. Ich war zweimal auf Expedition in Peru: 2012 als Mitglied des SAC Expeditionsteams zusammen mit elf weiteren Personen. Und in diesem Sommer waren wir sogar nur zu viert unterwegs. Logistisch gesehen ist die Himlung Expedition nicht mit meinen anderen Expeditionen zu vergleichen. Die Dimension war also eine neue Erfahrung: 100 Leute am Berg, viele Zelte auf allen Lagern, Riesenmengen an Essen, rund fünf Kilometer Fixseile. Das Basislager war wie ein kleines Dorf. Es kam vor, dass man Leuten aus der gleichen Expedition zwei Tage lang nicht begegnete, weil man in einem anderen Zelt ass oder einfach seinen Tag anders verbrachte. Meine Expeditionen in Südamerika waren viel schlanker: Es waren nur wenige Leute dabei, man war aber ständig zusammen. So lernt man sich richtig kennen und es entstehen enge Beziehungen. Auch die Organisation der Expedition war Neuland für mich: Während bei der SAC Expedition alle Teammitglieder dafür verantwortlich waren, dass der Karren läuft, war die Himlung Expedition von Kari Kobler und Swiss Exped vollumfänglich organisiert worden. Die Erfahrungen, die ich in Nepal gemacht habe, sind sehr interessant, auch was das Führen einer grossen Gruppe betrifft. Wenn man diese Chance in jungen Jahren erhält, ist das natürlich genial. Ich möchte auch keinen Moment dieser Reise missen. Für mich war das aber vorläufig ein einmaliges Erlebnis. Sie ist mir eine Nummer zu gross, privat bin ich lieber schlanker und flexibler unterwegs.

Du warst von 2009 bis 2012 Teil des ersten SAC Expeditionsteams für talentierte Jungbergsteiger. Was hast Du bei dieser Alpinismus-Ausbildung gelernt?
Bei der Anmeldung war ich 17 und unerfahren. Ich habe mich angemeldet, weil ich das Projekt interessant fand, mit einer vielseitigen Ausbildung und der Chance schon in jungen Jahren mit alpinistischen Zielen ins Ausland gehen zu können. In den letzten Jahren habe ich enorme Fortschritte in vielen Bereichen gemacht: Sportlich, mental, technisch und menschlich. Profitieren konnte ich sowohl von den sehr erfahrenen Ausbildnern, als auch von den anderen Teilnehmern. Persönlich habe ich gelernt, dass weniger mehr sein kann. Anspruchsvolle Kletter- oder Bergtouren kosten sehr viel Energie. Nach einem Wochenende am Berg bin ich erst mal lahmgelegt, muss mich regenerieren. So kommst du nicht weiter. Es ist effizienter, weniger dafür schwierigere Touren pro Jahr zu unternehmen. Dafür bleibt mehr Zeit und Energie übrig, um an seinen technischen und konditionellen Fähigkeiten zu arbeiten. Schlussendlich habe ich auch gelernt, wie man eine Expedition, respektive eine Reise ins Ausland, angehen kann und welche einzelnen Teile der Vorbereitung wie viel Vorlauf benötigen. Auch wie man mit Medien und Partnern umgeht. Das Wertvollste, davon bin ich überzeugt, sind die entstandenen Freundschaften. Man lernt Personen kennen mit gleichen Interessen und ähnlichen Zielen. Die Schweiz ist zwar klein, trotzdem haben wir uns davor noch nicht gekannt. Auch heute noch unternehmen wir regelmässig etwas miteinander.

Und auch Roger Schaeli hast Du während deiner Zeit im SAC Team kennengelernt. Im Sommer wart ihr zusammen unterwegs. Welches Projekt habt ihr in Angriff genommen?
Der „Vertikale Jungfraumarathon“ ist eine Kombination von zwei Felskletterrouten und dem Rotbrättgrat auf die Jungfrau. Die Tour ist lang und recht komplex für eine Tagestour, weil sie im unteren Teil aus Sportkletterrouten besteht und oben in eine anspruchsvolle Hochtour mündet.

Wie kam es dazu?
Roger und ich hatten zum Klettern abgemacht, ohne spezielle Pläne. Der Vorschlag kam von ihm. Bei der Station Eigergletscher zeigte er mir die Skyline, welche ganz unten vom Lauterbrunnental bis zum Gipfel hochführt. Diese Linie hat mich fasziniert, vor allem die Begehung in einem Tag. Eine schöne Herausforderung.

Roger Schaeli ist als Profi-Alpinist Mitglied des internationalen SALEWA alpineXtrem Teams und Du bist ein SALEWA People. Was genau bedeutet das für Dich?
Klettern mit Roger ist sehr inspirierend, weil er immer wieder spannende Ideen hat. Er spricht nicht von seinen Erfolgen und wenig von früheren Klettertagen, sondern vielmehr über seine Kletterträume. Das ist eine sehr gute Einstellung. Privat bin ich gerne mit gleichwertigen Kletterpartnern unterwegs. Ich schätze es, wenn man Entscheidungen zusammen trifft. Mit Roger klettert man im Team, er ist nicht der Star. Das ist sehr wichtig für mich. Mit SALEWA ist es ähnlich: Für mich ist es wichtig, dass ich mich mit der Marke identifizieren und hinter den Produkten stehen kann. Eine solche Partnerschaft ist ein Geben und ein Nehmen und verlangt von beiden Partnern, dass sie Kompromisse eingehen. Bei SALEWA Schweiz arbeiten gute Leute, die eine konstruktive Zusammenarbeit ermöglichen. Das Resultat ist ein Mehrwert für beide Seiten.

Hast Du ein Lieblingsprodukt von SALEWA?
Der Gamma. Ich bin begeistert vom neuen Kletterfinken.

Du bist das ganze Jahr in den Bergen unterwegs. Was sind deine sportlichen Ziele für 2014?
Nächstes Jahr möchte ich neben der Arbeit als Bergführer-Aspirant möglichst viel Klettern – egal was, Hauptsache klettern. Zudem plane ich eine Sommertour in den Alpen zu machen, nachdem es die vergangenen zwei Sommer nicht geklappt hat, weil ich die Prioritäten anders gesetzt hatte und im Ausland war. Vielleicht reicht es sogar für einen kurzen Klettertrip ins Ausland.

Du bist im Juli 21 Jahre alt geworden. Wo siehst Du Dich in zehn Jahren?
Was ich in zehn Jahren mache? Ehrlich gesagt, denke ich noch nicht so weit. Viellicht arbeite ich dann in einem Informatik-Büro. Oder habe mit Golfen angefangen. Ich lebe den Moment und versuche das Leben, welches ich im Moment führe, zu geniessen. Und das gelingt mir zurzeit ganz gut. (SALEWA/cc/ss)

Bildnachweis: David Hefti.